Grund­konzept

Die Warranty & Indemnity-Versi­cherung (W&I‑Versicherung) ist eine maßge­schnei­derte Versi­che­rungs­lösung, die trans­ak­ti­ons­be­zogene Risiken aus dem Kaufvertrag auf den Versi­che­rungs­markt überträgt und dem Versi­che­rungs­nehmer (in der Regel dem Käufer) finan­zi­ellen Schutz im Falle einer Garan­tie­ver­letzung oder eines Anspruchs aus der Steuer­frei­stellung des Kaufver­trages bietet.

Der Versi­che­rungs­schutz

Mit der käufer­sei­tigen W&I‑Versicherung kann der Käufer gegenüber dem Versi­cherer Ansprüche geltend machen, die ihm unter dem Kaufvertrag gegenüber dem Verkäufer zustehen.

Die W&I‑Versicherung wird häufig als wirkungs­volles Hilfs­mittel einge­setzt, um die Verhand­lungen zwischen den Parteien zu erleichtern – so kann die Haftung des Verkäufers auf ein niedriges Niveau begrenzt werden, während der Käufer gleich­zeitig den größt­mög­lichen Schutz im Falle einer Garan­tie­ver­letzung oder eines Anspruchs aus der Steuer­frei­stellung genießt.

Auch bei einem Dissens der Parteien bezüglich des Umfangs der abzuge­benden Garantien, kann eine W&I‑Versicherung die gegen­läu­figen Inter­essen der Verhand­lungs­par­teien überbrücken, indem durch die umfang­reiche Enthaftung des Verkäufers ein breiterer Garan­tie­ka­talog vereinbart werden kann.

Im Schadensfall hat der Käufer einen direkten Anspruch gegen den Versi­cherer, der auf alle Rechte des Forde­rungs­über­gangs gegenüber dem Verkäufer verzichtet. Einzige Ausnahmen für den Rückgriff des Versi­cherers auf den Verkäufer sind dabei vorsätz­liches oder arglis­tiges Handeln des Verkäufers.

Die Parameter

Der Deckungs­umfang der W&I‑Versicherungspolice ist im Wesent­lichen deckungs­gleich mit den im Kaufvertrag verein­barten Garan­tie­zu­sagen und der Steuer­frei­stellung. Die wichtigsten Parameter der W&I‑Versicherungspolice sind die Folgenden:

Laufzeit der Police – diese entspricht in der Regel den Laufzeiten, die im zugrun­de­lie­genden Kaufvertrag vereinbart wurden. Bei einer käufer­sei­tigen W&I‑Versicherungspolice lassen (oftmals gegen Zahlung einer zusätz­lichen Prämie) sich die im Kaufvertrag festge­legten Laufzeiten jedoch synthe­tisch verlängern.

Deckungs­summe – diese beträgt in der Regel 10 bis 30% (kann aber auch bis zu 100% betragen) des Unter­neh­mens­wertes. Die Höhe der Deckungs­summe kann vom Versi­che­rungs­nehmer frei gewählt werden und ist unabhängig von der Höhe des im Kaufvertrag verein­barten Haftungs­be­trags des Verkäufers (häufig nur € 1 bei Einsatz der W&I‑Versicherung). Die Versi­cherung wird in der Regel von einem einzigen Versi­cherer angeboten. Sollte aber eine höhere Deckungs­summe benötigt werden, kann auf die Kapazi­täten mehrerer Versi­cherer zurück­ge­griffen werden (sog. Tower Struktur). Die Kapazi­täten der einzelnen Versi­cherer sind unter­schiedlich und reichen von € 10.000.000 bis € 170.000.000 pro Trans­aktion.

Selbst­behalt – Versi­cherer verlangen, dass ein Teil des Schadens vom Versi­che­rungs­nehmer selbst getragen wird (Selbst­behalt). Dieser Selbst­behalt beträgt in der Regel etwa 0,25% bis 0,5% des Unter­neh­mens­wertes. Je höher der Selbst­behalt ist, desto niedriger ist die zu zahlende Prämie. Es gibt verschiedene Möglich­keiten, den Selbst­behalt zu gestalten, z.B. durch zeitliche Staffelung oder Integral­fran­chise-Struk­­turen.

Under­writing Kosten - bevor ein Versi­cherer mit der Risiko­analyse (Under­writing) beginnt, wird vom Kunden eine Kosten­über­nah­me­ver­ein­barung (Expense Agreement) zur Deckung der Rechts­be­ra­tungs­kosten des Versi­cherers abgeschlossen. Die Gesamt­kosten hängen vom Unter­neh­menswert, der Komple­xität der Trans­aktion und dem Gerichts­stand der Zielge­sell­schaften ab. Üblicher­weise sind diese Kosten zusätzlich zur Prämie zu zahlen.

Prämie – diese wird in Abhän­gigkeit der Deckungs­summe berechnet. Die Höhe der Prämie hängt von der Komple­xität der Trans­aktion, der Höhe des Selbst­be­halts und dem Indus­trie­sektor der Zielge­sell­schaft ab. Die Kosten bewegen sich in der Regel in einem Bereich von 1 bis 2% der Deckungs­summe (Rate on Line – ROL). Bei Immobi­li­en­trans­ak­tionen ist regel­mäßig eine RoL von deutlich unter 1% reali­sierbar.

Ausschlüsse - soweit möglich, wird von den Versi­cherern eine Deckung gewähr­leistet, die mit dem zugrun­de­lie­genden Kaufvertrag überein­stimmt. Aller­dings wenden alle Versi­cherer markt­üb­liche Standard-Ausschlüsse an – hierzu gehören u. a. (i) bekannte/​identifizierte Risiken aus der Due Diligence, (ii) Verrech­nungs­preis­ri­siken, (iii) sekundäre Steuer­ver­bind­lich­keiten, (iv) zukunfts­ge­richtete Aussagen, (v) bauliche Mängel, (vi) Zustand von Gebäuden/​Maschinen, (vii) unzurei­chende Pensi­ons­rück­stel­lungen und (viii) (entspre­chend den aktuellen politi­schen Gegeben­heiten) auch länder­spe­zi­fische Ausschlüsse.

Die Vorteile / Nutzen

Vorteile auf Verkäu­fer­seite

Schließt der Käufer eine W&I‑Versicherung ab, profi­tiert der Verkäufer von einem Clean Exit – er wird von Ansprüchen aus Garan­tie­ver­let­zungen durch unver­schuldete Falsch­an­gaben befreit.

Die Liqui­dität wird erhöht, da Einbe­halte und/​oder Rückstel­lungen vermieden werden können, so dass der Verkaufs­erlös umgehend ausge­schüttet oder reinves­tiert werden kann.

Zudem werden Verhand­lungen verein­facht, da viele relevante Punkte auf die Sphäre zwischen Käufer und Versi­cherer verlagert werden können (siehe bspw. Laufzeiten und Deckungs­summe).

Vorteile auf Käufer­seite

Nutzt der Käufer eine W&I‑Versicherung, kann er seine Ansprüche direkt gegenüber einer solventen Versi­che­rungs­ge­sell­schaft geltend machen und muss nicht auf ausrei­chend gute Bonität des Verkäufers hoffen. Diese Ansprüche hat ein Käufer auch, wenn der Verkäufer bewusst falsche Angaben gemacht hat.

Im Falle eines Bieter­pro­zesses kann der Käufer mit einer W&I‑Versicherung sein Angebot aufwerten und seine Position im Bieter­wett­bewerb stärken, indem er mit Abgabe des Gebots die Haftung des Verkäufers auf ein Minimum reduziert. Die W&I Versi­cherung bietet somit bieter­seitige Wettbe­werbs­vor­teile und Verhand­lungs­frei­räume.

Wie bereits erwähnt, kann die im Kaufvertrag verein­barte Laufzeit der Garantien unter der W&I‑Versicherung synthe­tisch verlängert werden. Zudem können unter der W&I‑Versicherung für den Käufer vorteil­haftere Haftungs­pa­ra­meter Anwendung finden – regel­mäßig werden unter der W&I‑Versicherung zum Beispiel synthe­tisch niedrigere De Minimis-Beträge und höhere Haftungs­grenzen (= Deckungs­summe) vereinbart. Darüber hinaus hat die Praxis gezeigt, dass Verkäufer bei Anwendung einer Versi­che­rungs­lösung dazu neigen, umfang­rei­chere Garan­tie­ka­taloge anzubieten, als sie es mögli­cher­weise ohne Einbindung einer Versi­che­rungs­lösung täten. Häufig lassen sich unter der W&I Versi­cherung sogar ganze Garantien synthe­tisch versi­chern, ohne dass sie vom Verkäufer im Kaufvertrag abgegeben werden müssen.

Neben dem Versi­che­rungs­schutz bietet eine W&I‑Versicherung für die Vertrags­par­teien auch nach Abschluss der Trans­aktion „taktische“ Vorteile: Weil Ansprüche im Schadensfall direkt gegenüber der Versi­cherung geltend gemacht werden können, bleibt der Frieden zwischen den Vertrags­partnern gewahrt – insbe­sondere, wenn das Management oder andere Schlüs­sel­per­sonen im Unter­nehmen verbleiben.

Schadens­mel­dungen

Vorteile und Nutzen der W&I‑Versicherung lassen sich nicht zuletzt an der Anzahl der erhal­tenen Schadens­mel­dungen messen und quanti­fi­zieren.

Die Quote an Schadens­mel­dungen bei Trans­ak­tionen mit einem Volumen > € 1 Milliarde lag im Jahre 2022 bei 15%. Dies ist niedriger als ein Jahr zuvor (20%), aber signi­fikant höher verglichen mit Trans­ak­tionen gerin­gerer Volumina. Dies lässt sich auf die höhere Komple­xität größerer M&A‑Transaktionen zurück­führen. Die Zielun­ter­nehmen sind häufig in diversen Geschäfts­be­reichen tätig, haben Tochter­un­ter­nehmen in verschie­densten Juris­dik­tionen und ein breiteres Spektrum von Anlage­gütern in Form von Fabriken, Betei­li­gungen, Büroge­bäuden etc. um nur einige zu nennen. Die Due Diligence ist unwei­gerlich komplexer und muss in den meisten Fällen stich­pro­ben­artig durch­ge­führt werden, was Raum für unerkannte Risiken birgt.

Während die Melde­quote für großvo­lumige Trans­ak­tionen auch in Zukunft relativ hoch und stabil bleiben dürfte, ist bei kleineren Trans­ak­tionen mit einem Volumen < € 50.000.000 schon jetzt ein signi­fi­kanter Anstieg der Schadens­mel­dungen zu verzeichnen. Hier hat sich die Melde­quote verglichen mit dem Vorjahr auf ca. 10% mehr als verdoppelt. Über alle Trans­ak­ti­ons­größen hinweg verzeichnen wir eine durch­schnitt­liche Melde­quote von 9%. Es ist daher naheliegend, dass sich der Nutzen und Wert der W&I‑Versicherung auch bei kleineren Trans­ak­tionen zunehmend manifes­tiert.

Fazit

Die zuneh­mende Relevanz der W&I‑Versicherung wird also in erster Linie durch die Anerkennung des Mehrwertes voran­ge­trieben, den sie für Trans­ak­tionen liefert: Sie bietet Käufern und Verkäufern mehr Sicherheit, reduziert das Risiko auf beiden Seiten des Verhand­lungs­ti­sches und verein­facht dadurch den Abschluss von Trans­ak­tionen.

Indika­tiver Zeitplan für den W&I‑Prozess

Johann Benesch
Director | Howden M&A

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