Claudia Tödt­mann (Manage­ment-Blog WirtschaftsWoche):
Unbe­zahl­bare D&O-Versicherungen: Sechs Fragen an Mana­ger­haf­tungs­experte Michael Hendricks zu den exor­bi­tanten Preis­er­hö­hungen der Versi­cherer und dass sich Top-Manager genau ansehen sollten, wogegen sie nicht mehr versi­chert sind

Versi­cherer und Unter­nehmen werden extrem einsilbig, wenn es um ihre D&O-Versicherungen – Mana­ger­haft­pflicht­ver­si­che­rung – geht. Sowieso – und das schon seit diese Versi­che­rungen in Deutsch­land Einzug hielten. Also vor rund 25 Jahren. Die Versi­cherer nutzten die D&O-Versicherung gegen die Fehler der Top-Manager als Türöffner zu den Vorstands­etagen und nahmen deshalb schon mehrere Jahre hin, dass die Sparte immer größere Verluste einfuhr. Nicht nur wegen spek­ta­ku­lärer Fälle wie dem VW-Diesel­skandal, sondern auch wegen gestie­gener Pflichten der Manager und hoher Forde­rungen der Insolvenzverwalter.

Die ersten Versi­cherer stellten ihr D&O-Geschäft bereits ein. Und seit Ende letzten Jahres müssen insbe­son­dere die Groß­un­ter­nehmen und Konzerne riesige Preis­sprünge akzep­tieren, wenn sie ihre Verträge verlän­gern wollen – bei schlech­teren Leis­tungen. Und die sind der Punkt, wo jeder Top-Manager genau hinsehen muss – um wenigs­tens zu wissen, wogegen er nicht mehr versi­chert ist. Michael Hendricks, D&O-Pionier in Deutsch­land, erklärt die Folgen für Unter­nehmen, Top-Manager und Aufsichtsräte.

Herr Hendricks, wollen D&O Versi­cherer keine Kunden mehr?

So sieht´s aus. Die D&O-Versicherer machen regel­rechte Abwehr-Ange­bote, die unzu­mutbar sind. Die Prämien sind so hoch, dass man sie einfach nicht annehmen kann. Diese Abschre­ckungs­an­ge­bote sind oft unver­schämt, werden aber dennoch ange­nommen – zur Über­ra­schung der Versi­cherer. Unter­nehmen in der Touris­mus­branche zum Beispiel sollen wegen Corona ein Zehntel der Deckungs­summe als Prämie zahlen.

Weit­ge­hend verschont sind nur die Unter­nehmen mit weniger als 500 Mitar­bei­tern, deren Prämien werden im Schnitt von den D&O-Versicherern nur um 15 Prozent erhöht, das ist nicht viel.

Wie reagieren die Kunden?

Viele Versi­che­rungs­makler, die Mittel­ständler beraten, sind verzwei­felt und trauen sich mit diesen hohen Ange­boten gar nicht zu ihren Kunden. Für die ganz großen Konzerne ist es ledig­lich ärger­lich, aber deren Vorstände winken die Vertrags­ver­län­ge­rungen mit bis zu zehn mal so hohen Prämien wie im Vorjahr auf der Vorstands­sit­zung in fünf Minuten durch. Quer durch alle Branchen.

Das Ganze passiert, weil die Versi­cherer schon länger keine Gewinne mehr in dieser Sparte erwirt­schaften und gleich­zeitig die Zahl der Scha­dens­fälle laufend ansteigt, allen voran der VW-Skandal?

Seit knapp 20 Jahren, seit dem Platzen der Dotcom-Blase, haben sich die Versi­cherer die Entwick­lung ange­sehen und die Verluste hinge­nommen, weil das D&O-Geschäft ihnen andere, wert­vol­lere Vorteile einbrachte. Die Mana­ger­haf­tungs­ver­si­che­rung verschaffte ihnen direkten Zugang zu den Vorständen und die Versi­cherer konnten mit ihnen andere, profi­ta­blere Geschäfte machen. Die Preis­er­hö­hungen diktieren die Mutter­ge­sell­schaften der Versi­che­rungen in den USA oder Groß­bri­tan­nien in New York oder London. Die gucken auf den deut­schen Markt und seine Zahlen und beschließen kurzer­hand Prämienerhöhungen.

Und oben­drein bauen sie in die aktu­ellen Policen Deckungs­aus­schlüsse, sie wollen also von vorn­herein für machen Fälle gene­rell nicht einspringen. Die Ausschlüsse sollten sich die Top-Manager genau ansehen und nicht den lästigen Vertrags­kram anderen Abtei­lungen über­lassen, richtig? 

Teil­weise sind die Versi­che­rungen, die nun in dieser Zwangs­lage einge­kauft wurden für viel zu hohe Preise, oben­drein lücken­haft, stimmt. Zum Beispiel haben manche Ausschlüsse wegen Cyber-Schäden. Dann kann ein Top-Manager sich nur noch mit einer eigenen privaten Versi­che­rung schützen, wenn er nicht sein persön­li­ches Vermögen riskieren will.

Gibt es Unter­nehmen, die nun gar keine D&O-Versicherung mehr bekommen für ihre Top-Manager?

Manchmal müssen Versi­che­rungs­makler darum erbit­tert kämpfen. Corona hat die Lage verschärft. Wenn zum Beispiel Regio­nal­flug­häfen Versi­che­rern als zu hohes Risiko erscheinen, sagen sie schon mal endgültig nein. Wenn ein Versi­che­rungs­makler die nicht über­zeugen kann, bleibt nur noch am Londoner Markt ein Konstrukt mit mehreren Versi­che­rern zusam­men­zu­stellen. Die teilen sich dann das Risiko.

Man hört, dass einige große Unter­nehmen bereits über­legen, die D&O-Versicherer auszu­he­beln und eigene Versi­che­rungen zu gründen, wie läuft das?

Das funk­tio­niert gar nicht, das ist nur Säbel­ras­seln. Das ist nach dem Akti­en­recht schon unzu­lässig, denn das würde ja wiederum die Aktio­näre belasten, wenn sie eine ganze Versi­che­rungs­ge­sell­schaft finan­zieren. In den USA ist so etwas dagegen zulässig, solange es Ansprüche von externen Anspruchs­stel­lern wie Konsu­menten sind.

Quelle: „Unbe­zahl­bare D&O-Versicherungen: Sechs Fragen an Mana­ger­haf­tungs­experte Michael Hendricks zu den exor­bi­tanten Preis­er­hö­hungen der Versi­cherer und dass sich Top-Manager genau ansehen sollten, wogegen sie nicht mehr versi­chert sind“, MANAGE­MENT-BLOG der Wirt­schafts Woche
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Autorin: Claudia Tödtmann

© Claudia Tödt­mann / privat