Immer öfter müssen Unter­nehmen wegen Korrup­tions- und Betrugs­vor­würfen viel Geld für interne Ermitt­lungen ausgeben. Das ist teuer. Abhilfe soll eine spezi­elle Versi­che­rung schaffen.

Schlechte Nach­richten für eine mittel­große Bank: Die Finanz­auf­sicht Bafin verlangt Auskunft wegen fehler­hafter Spesen­ab­rech­nungen. Sie leitet gegen die Bank und zwei Vorstände ein Verfahren ein, das Geld­haus muss Auskunft erteilen.

Die Anwältin Claudia Pott kennt den Fall gut. Sie ist Scha­den­chefin beim Versi­che­rungs­makler Hendricks in Düssel­dorf. “Dann muss die Bank intern ermit­teln, wer alles an dem vorge­wor­fenen und später auch bestä­tigten Spesen­be­trug betei­ligt war”, sagt Pott. Außerdem muss unter­sucht werden, wie es dazu kommen konnte, dass in großer Menge Spesen­ab­rech­nungen fingiert und mani­pu­liert worden sind. “Insge­samt sind Kosten für diese internen Unter­su­chungen in Höhe von 400 000 Euro ange­fallen”, berichtet Pott. Das kommt zum eigent­li­chen Schaden durch die Spesen­be­trüger hinzu, die sich mehr als 500 000 Euro in die eigenen Taschen steckten.

Den Namen der Bank darf Pott nicht nennen. Aber sie weiß: “Diese Compli­ance-Schäden nehmen sehr stark zu, und demnächst wird es noch viel mehr werden.” Demnächst, das heißt nach Inkraft­treten des “Gesetzes zur Stär­kung der Inte­grität in der Wirt­schaft” oder Verbands­sank­tio­nen­ge­setz, das sich gerade im Gesetz­ge­bungs­ver­fahren befindet. Es sieht Strafen für Verbände und Unter­nehmen vor, die sich nicht an die gültigen Regeln halten, also die soge­nannte Compli­ance verletzen.

Für den Makler Hendricks, der zur briti­schen Howden-Gruppe gehört, ist das Thema von großer Bedeu­tung : Es eröffnet große Geschäfts­mög­lich­keiten. “Bislang hätte die Bank den Schaden aus dem Spesen­be­trug zwar versi­chern können, was sie nicht hatte, aber den Betrag für die interne Aufklä­rung nicht”, erläu­tert Pott. “Dafür gibt es bislang keine Policen.” Die Lücke soll eine neue Compli­ance-Rechts­schutz­po­lice für Unter­nehmen schließen, die Hendricks zusammen mit dem Kölner Rechts­schutz­ver­si­cherer Roland anbietet. Sie zahlt bei Verstößen gegen das Wett­be­werbs­recht, bei Korrup­tion und bei Betrug oder Schä­di­gung mit Hilfe der IT.

Entworfen hat sie unter anderem der Jurist Michael Hendricks, der den Makler einst grün­dete und jetzt als Berater tätig ist. Das größte Problem bei einer solchen Police: “Compli­ance-Maßnahmen werden von den Verant­wort­li­chen im Unter­nehmen in eigener Regie in Gang gebracht.” Ein System, bei dem der Kunde einseitig den Versi­che­rungs­fall auslösen kann, führt mögli­cher­weise zu Streit mit dem Versi­cherer. Deshalb haben Hendricks und Roland ein verbind­li­ches Schlich­tungs­system eingeführt.

Da es bislang nur einen Anbieter gibt, wird es dauern, bis die Preise sinken

Bei der Bank und ihren Spesen­rit­tern ist die Sache klar - die Bafin verlangt die Unter­su­chung. Aber Pott nennt ein anderes Beispiel. “Bei einem Wohnungs­bau­un­ter­nehmen gab es bei der Vergabe von Bauleis­tungen Bestechungs- und Erpres­sungs­de­likte von Mitar­bei­tern.” Die Firma ermit­telte zunächst gegen Unbe­kannt und in der Folge gegen zahl­reiche Mitar­beiter. Die Entschei­dung für diese Unter­su­chungen fällte die Firma selbst - ohne Auslöser von außen.

“Es entstehen ihr in großem Stil Kosten für interne Unter­su­chungen”, sagt Pott. Schließ­lich musste aufge­klärt werden, wer verwi­ckelt war, wer davon wusste und geschwiegen hat und warum solche Straf­taten über­haupt passieren konnten. Das kostet 250 000 Euro.

Billig sind solche Policen nicht. Firmen mit 250 Mitar­bei­tern dürften rund 4500 Euro pro Jahr zahlen, bei 1000 Mitar­bei­tern kommen leicht 12 000 Euro zusammen. Dann sind bis zu 500 000 Euro versi­chert. Da es bislang nur einen einzigen Anbieter gibt, wird es dauern, bis die Preise sinken. Die Police stößt trotzdem auf großes Inter­esse in der Wirt­schaft, sagt Hendricks. Klar - spätes­tens mit dem neuen Gesetz werden interne Compli­ance-Unter­su­chungen noch sehr viel häufiger.

 

Quelle: „Ermitt­lungs­kosten versi­chern“, Süddeut­sche Zeitung (Sz.de)
Link zum Online-Artikel: Ermitt­lungs­kosten versi­chern - Wirt­schaft - SZ.de (sueddeutsche.de)
Veröf­fent­licht am: 23. Februar 2021, 18:54 Uhr
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Autor: Fromme Herbert, Köln