Die Handelsblatt Wissens-Plattform “Managing Corona – Was Unternehmen jetzt tun müssen!” ist weiterhin ein voller Erfolg und wir gehören zum Experten-Panel. Mit unserem Webinar zum Thema “Versicherung prüfen und anpassen – größtmöglicher Schutz in der Corona-Krise” haben wir einen wichtigen Beitrag zur gegenwärtigen Ausnahmesituation leisten können. Der D&O-Pionier, Michael Hendricks von Hendricks & Partner, gab den Webinar-Teilnehmern einen umfassenden Überblick über die Managerhaftung und D&O-Versicherung. Damit auch Sie von seiner langjährigen Expertise profitieren können, ist sein – in Anlehnung an das Webinar verfasste – Expert Paper ab sofort auf unserer Website und als kostenloser Download verfügbar.
Managerhaftung und D&O-Versicherung
Das aktuell grassierende Virus stellt auch Manager vor besondere Herausforderungen: Wie jede Krise bringt auch diese gesteigerte Anforderungen an Unternehmensleiter und erhöht damit auch das Haftungspotenzial ihrer Tätigkeit.
Im Hinblick darauf soll die nachfolgende Darstellung der Besonderheiten der Coronakrise und die Einschätzung der aktuellen Situation auf dem Versicherungsmarkt in drei Teilen erfolgen: Zunächst sollen spezielle, durch Corona-bedingte, Haftungsrisiken eruiert werden. Zweitens sollen Haftungserleichterungen in der aktuellen Sondersituation dargestellt werden und zuletzt wird das Hauptaugenmerk auf die D&O-Versicherung in Zeiten von Corona gerichtet.
COVID-19 spezifische Risiken
Als COVID-19-bedingtes Haftungsrisiko sollen zunächst Gesundheitsbeeinträchtigungen von Mitarbeitern angeführt werden. Diese Risiken sind sowohl im Innenverhältnis, also betriebsintern, als auch im Außenverhältnis, wenn Mitarbeiter beispielsweise mit Kunden in Kontakt treten und dabei infiziert werden denkbar. Gerade im Hinblick auf die betriebsinternen Risiken sind Fürsorgepflichten des Arbeitgebers gefragt:
Wie kann man sich vor etwaigen Haftungsansprüchen schützen?
Als Antwort hierauf haben zahlreiche Dienstleistungsunternehmen in kürzester Zeit flächendeckende Homeoffice Lösungen geschaffen. Millionen von Arbeitnehmern sind nicht mehr gezwungen, sich dem Risiko eine Infektion auf dem täglichen Arbeitsweg auszusetzen, sondern haben nunmehr die Möglichkeit ihre Tätigkeit vom heimischen Arbeitsplatz aus zu verrichten. In Branchen, in denen dies nicht möglich ist, wurde teilweise der radikalere Weg beschritten, den Betrieb zum Wohle der Arbeitnehmer zeitweise auszusetzen. Entscheiden Arbeitgeber sich für eine Betriebsfortführung ohne Rücksicht auf etwaige Personenschäden, sind Haftungsansprüche gegen das Management durchaus möglich. Dies soll aber keine Frage der D&O-Versicherung sein, vielmehr fallen derartige Personenschäden in den Anwendungsbereich einer Betriebshaftpflichtversicherung.
COVID-19-bedingtes Homeoffice: Einfallstor für Cyber-Angriffe
Die aktuelle Entwicklung in Richtung flächendeckenden Homeoffice birgt jedoch weitere Risiken, die ohne die Pandemie in dieser Form nicht aufgetreten wären: Ein mobiler Arbeitsplatz bietet ein attraktives Einfallstor für Cyber-Angriffe. Private IT-Systeme sind häufig nicht so gut geschützt, wie der Arbeitsplatz im Büro. Außerdem spielt an dieser Stelle auch die Sicherheit von Daten eine hervorgehobene Rolle, insbesondere Unternehmen, die mit hochsensiblen personenbezogenen Daten zu tun haben, müssen Sorgen dafür tragen, dass diese Daten trotz Homeoffice adäquat geschützt bleiben. Dafür trägt das Management die Verantwortung. Wird diese Sorgfaltspflicht vernachlässigt, begegnet man gravierenden Haftungsrisiken.
Coronabedingte Betriebsausfälle: Erhöhtes Insolvenzrisiko
Schließlich darf als COVID-19-spezifisches Haftungsrisiko eine mögliche Insolvenz in Zusammenhang mit Umsatzrückgängen, Ausfällen und Betriebsunterbrechung nicht außer Acht gelassen werden. Dieses Risiko wird medial stark dramatisiert. Tagesgenau werden Analysen anhand von Zeitstrahlen publiziert, wie lange einzelne Unternehmen noch „durchhalten“ können. Zwei Wochen, zwei Monate, drei Monate?
Alternative Betriebsfortführungsmaßnahmen?
Selbstverständlich ist das Risiko der Insolvenz hoch, wenn die erforderlichen Maßnahmen nicht oder nicht rechtzeitig ergriffen werden. Lieferketten müssen feinmaschig überprüft werden. Staatshilfen müssen beantragt werden, wann immer es möglich ist. Wer diesen Pflichten nicht nachkommt, sieht sich als Manager einer Haftung ausgesetzt und zwar auch dann, wenn das Unternehmen nicht in die finanzielle Schieflage gerät. Weiterhin interessant sind insbesondere auch alternative Betriebsfortführungsmaßnahmen. Weitestgehend wurde hier adäquat und flexibel reagiert: Restaurants, die ihre Gäste regulär ausschließlich persönlich bewirten, stellten auf Lieferdienste oder Take-away-Angebote um. Dies ist sicherlich ein Punkt, den jeder Betrieb der Prüfung unterziehen sollte.
Haftungserleichterungen durch den Gesetzgeber
Auch wenn sich die aktuellen Umstände noch so widrig darstellen, so hat der Gesetzgeber auf die Hauptrisiken Insolvenz und Insolvenzverschleppung in Windeseile reagiert hat: Durch das COVID-19-Insolvenzaussetzungsgesetz (Gesetz zur vorübergehenden Aussetzung der Insolvenzantragspflicht und zur Begrenzung der Organhaftung bei einer durch die COVID-19-Pandemie bedingten Insolvenz – kurz: COVInsAG), das am 27. März 2020 verabschiedet wurde, wird den aktuellen Haftungsrisiken Rechnung getragen. COVInsAG wirkt bis zum 1. März 2020 zurück und bewirkt, dass Insolvenzantragspflichten bis zum 30. September 2020 ausgesetzt werden. Dass die Insolvenzreife COVID-19-bedingt ist, wird gemäß COVInsAG vermutet, wenn die Zahlungsunfähigkeit zum 31. Dezember 2019 vorlag – dies ist ein Tatbestand, der sich ohne Schwierigkeiten nachprüfen lässt.
Die schnelle Reaktion der Politik
Das Gesetz und dessen zügiger Erlass ist neben den monetären Staatshilfen ein Hoffnungsstreif und markiert einen wichtigen und richtigen Schritt des Gesetzgebers. Weiterhin wurden Zahlungsverbote gelockert, die Insolvenzanfechtung – ein weiteres großes Risiko für viele Manager, da Insolvenzanfechtungen in den letzten Jahren vermehrt aufgetreten sind – wurde ausgeschlossen. Auch zivilrechtlich gab es mannigfaltige Reaktionen, die bis hin zu Erleichterungen in Bezug auf Miet- und Pachtzahlungen reichen. Die agile Reaktion des Gesetzgebers führt zu einer Haftungserleichterung. Ohnehin ist mit der Insolvenz eines Unternehmens nicht zwangsläufig eine persönliche Haftung verbunden: Wird dieses trotz der widrigen Umstände optimal gemanagt wird, steht eine persönliche Haftung der Unternehmensleiter auch bei Eintritt einer Insolvenz außer Frage.
COVID-19 und D&O-Versicherung
Schließlich soll nachfolgend die D&O-Versicherung und der Impact von COVID-19 auf diese und den Versicherungsmarkt im Allgemeinen thematisiert werden:
D&O-Versicherung in 4 Punkten
// Die D&O-Versicherung stellt Versicherungsschutz für Directors und Officers – folglich Versicherungsschutz für Vollhafter – dar. Die Unternehmensführung und Mitglieder der Kontrollgremien haften grundsätzlich ihrem Unternehmen gegenüber unbegrenzt mit ihrem gesamten Privatvermögen für Pflichtverletzungen, die sie bei ihrer unternehmerischen Tätigkeit begehen.
// Als Absicherung gegen dieses Risiko hat sich die D&O-Versicherung etabliert und bewährt. Der D&O-Versicherer übernimmt die Kosten zur Abwehr von unberechtigten Ansprüchen und stellt in Anspruch genommene Manager von berechtigten Schadensersatzansprüchen frei.
// Die Versicherungsnehmerin der D&O-Versicherung ist nicht der Manager, sondern das Unternehmen; es handelt sich bei der D&O-Versicherung um eine Versicherung für fremde Rechnung.
// Die Leistung des D&O-Versicherers trägt auch zum Bilanzschutz des Unternehmens bei, da die teils sehr hohen Schäden oftmals nicht vollständig durch das Privatvermögen der Manager kompensiert werden können.
Im Hinblick auf die aktuelle Situation steht nicht nur die reine D&O-Versicherung in Rede, sondern ebenfalls viele andere angrenzende Versicherungsprodukte, insbesondere jedoch die Rechtsschutzversicherung für etwaige Verfahren zur Klärung der Haftungsfrage. Die Erfahrung aus dem täglichen Business bringt zu Tage, dass Versicherer als Reaktion auf die Coronakrise derzeit vorschlagen, COVID-19-Ausschlüsse in die Versicherungsbedingungen aufzunehmen.
Aktuelle Entwicklung auf dem Versicherungsmarkt
Möchte sich momentan beispielsweise eine Restaurantkette eindecken und muss dafür ein neuer Versicherungsvertrag gestaltet werden, ist garantiert, dass dort Risiken in Bezug auf Corona aus der Versicherung ausgeschlossen sind. Beachtlich ist, dass solche Ausschlüsse auch auf bestehende Verträge bei Verlängerung dieser Anwendung finden und folglich Rückwirkung haben können. Der Ausschluss wird beispielsweise Ende 2020 vereinbart, würde jedoch für den gesamten Zeitraum des Krisenjahres rückwirken. Versicherungsschutz für etwaige Schäden mit Bezug zu COVID-19 wäre somit nicht gegeben.
Gibt es die Möglichkeit, diese Deckungslücke zu umgehen?
Ein möglicher Ausweg aus der Misere des Ausschlusses könnte ein Versichererwechsel sein: Man wendet sich an den Versicherer und kündigt die Beendigung des Versicherungsverhältnisses an. Man hält den alten Versicherungsschutz für die Zeit der Corona-Krise aufrecht und zehrt von der Nachmeldefrist. Schließlich werden heutzutage lange Nachmeldefristen vereinbart, die nicht selten auf zwölf Jahre ausgedehnt werden. Sodann macht man sich auf die Suche nach einem neuen Versicherer – eine Suche, die sich selbstredend nicht allzu leicht darstellen wird, vor allem in Krisenzeiten.
Welche weiteren Ausschlüsse sind denkbar?
Insolvenzausschlüsse sind bereits seit geraumer Zeit nicht unüblich. Sobald Unternehmen sich in Schieflage befinden, werden ihre Versicherungsverträge, die teils seit Jahrzehnten Bestand hatten, durch Ausschlusstatbestände eingeschränkt. Auch diese Ausschlüsse haben häufig Rückwirkung. Auch an dieser Stelle bleibt als Handlungsstrategie nichts anderes, als eine Kündigung und der Wechsel zu einem anderen Versicherer.
Absicherung von Cyberrisiken
Wie steht es um die bereits erwähnten Cyber-Risiken? Wie kann man Datenschutzrechtsverletzungen absichern? Aktuell stellt sich auf dem Versicherungsmarkt die vorteilhafte Situation dar, dass bisher keine Cyberausschlüsse vereinbart werden. Cyberschäden stellten bereits vor COVID-19 ein absolut unkalkulierbares Risiko dar. In Fällen, in denen Unternehmen keinen separaten Cyber-Versicherungsschutz unterhalten, scheinen derartige Deckungsausschlüsse jedoch denkbar. Zu betonen bleibt jedoch, dass diese prognostizierte Entwicklung auf dem deutschen Versicherungsmarkt in keinem unmittelbaren Zusammenhang mit der COVID-19-Krise steht.
Pflichten des Managements im Hinblick auf umfassenden Versicherungsschutz
Fraglich ist weiterhin, welche Pflichten das Management in Puncto Versicherungsverträgen treffen. Das Management ist dafür verantwortlich, dass bestehende Verträge möglichst effizient fortgeführt werden. Dies bedeutet, dass das Management sich in jeder erdenklichen Weise dafür engagieren muss, dass Ausschlusstatbestände weitestgehend ausbleiben. Die Pflicht zur Kontrolle der Versicherungsverträge erstreckt sich nicht nur auf die Überprüfung des D&O-Versicherungsschutzes, der primär dem Schutze des Privatvermögens der Manager dient, sondern auf die Kontrolle der gesamten Deckung im Sinne eines möglichst umfassenden Bilanzschutzes.
Durchsetzung von Ansprüchen gegen die Versicherer
Das Management ist dazu angehalten, alles nur Erdenkliche in Bewegung zu setzen, um den bestmöglichen Versicherungsschutz zu erhalten. Ergeben sich innerhalb der Schadenregulierung Probleme, ist man vor allem auch dazu verpflichtet, die Ansprüche auf den Versicherungspolicen vehement gegen die Versicherungsgesellschaften durchzusetzen. Diese Durchsetzung stellt sich ohnehin oft schwierig dar, doch gerade aufgrund der aktuellen Krisensituation entsteht dort ein spezielles Problem: Viele Unternehmen leiden wirtschaftlich unter der aktuellen Marktlage. Gerichtliche Prozesse zur Klärung der Deckung können mitunter zu horrenden Prozesskosten führen. Diese zu finanzieren, wird den Unternehmen aktuell besonders schwerfallen. An dieser Stelle gilt es vor allem, sich auf die Besonnenheit der Versicherungswirtschaft zu verlassen.
Das Risiko hoher Prozesskosten
Beruhigenderweise ist jedoch erkennbar, dass flächendeckend eine gewisse Hilfsbereitschaft während der COVID-19-Krise angezeigt wird. Innerhalb der Versicherungswelt ist vor allem auffällig, dass Schäden kurzfristig reguliert werden. In Fällen, in denen dies nicht geschieht, bleibt nur der Gang zum Prozessfinanzierer. Dieser Gang ist gerade auch bezeichnend für D&O-Versicherungen, tragen diese von Natur aus eine persönliche wirtschaftliche Betroffenheit in sich. Prozesse vor Gericht dauern häufig viele Jahre an und schlagen finanziell schwer zu Buche. Doch auch hier ist ein Ausweg hervorzuheben: Es ist heutzutage möglich, mithilfe eines Schiedsgerichtsverfahrens die Frage der Haftung und Deckung zügig und kosteneffizient zu klären.
Vorsätzliche Pflichtverletzung? Welche Pflichten trifft das Management?
Regelmäßig erheben die Versicherer Einwände im Rahmen der Schadenregulierung. Zumeist – es kann davon ausgegangen werden, dass dies in circa 80 Prozent der Schadenfälle thematisiert wird – wenden sie die Vorsätzlichkeit der Pflichtverletzung ein. Dieser Einwand kann in den Versicherungsbedingungen nicht gänzlich ausgeschlossen werden, sodass dies eine Frage ist, die im Rahmen der Schadenregulierung zu klären ist. Der Manager, dem eine vorsätzliche Pflichtverletzung seitens des Versicherers vorgeworfen wird, hat entsprechend dafür Sorge zu tragen, sich so weit wie möglich zu entlasten. Bestenfalls muss er also beweisen, dass er nicht mit direktem Vorsatz gehandelt hat, sondern “nur“ bedingt vorsätzlich oder grob fahrlässig. Denn sowohl bedingt vorsätzliche als auch grob fahrlässige Pflichtverletzungen können durchaus versichert sein.
Was passiert, wenn der Versicherer nicht zahlt?
Stellt man sich nun das Worst-Case-Szenario vor – die D&O-Versicherung bietet keinen ausreichenden Schutz oder, es ist unmöglich, einen Versicherer zu finden, der umfassend eindeckt – ist der Ausweg denkbar, dass man zumindest alles daransetzt, Rechtskosten abzudecken. Die Rechtskosten zur Abwehr etwaiger Ansprüche können enorme Summen betragen. Daher ist es von besonderer Relevanz, dass zumindest diese durch den D&O-Versicherer reguliert werden. Als Handlungsempfehlung lässt sich hier festhalten, dass man versuchen sollte, mit dem Versicherer eine Einigung dergestalt zu treffen, dass der Corona-Ausschluss zwar Anwendung finden darf, dieser sich jedoch nicht auf die Deckung von Rechtskosten erstreckt, da es sowohl für den Versicherer als auch für die Versicherungsnehmer erhebliche Relevanz hat, etwaige Ansprüche effizient abzuwehren.
Rechtsschutzversicherungen – ein Muss für jedes Unternehmen
Wenn der entsprechende Versicherer diesbezüglich nicht am selben Strang zieht, bleibt die wichtige Möglichkeit, eine Vermögensschaden-Rechtsschutzversicherung flankierend zu einer D&O-Versicherungspolice hinzuzufügen. In diesen Fällen ist dann, weitestgehend ohne Ausschlüsse, Versicherungsschutz für entstehende Rechtskosten gegeben; eine Versicherungskombination, die einerseits heutzutage weit verbreitet und andererseits dringend zu empfehlen ist. Schließlich stellen strafrechtliche Konsequenzen aufgrund von Personenschäden während der COVID-19-Krise ein wichtiges Risiko dar. Es sind Ermittlungsverfahren denkbar, die die Frage klären sollen, ob fahrlässig oder gar vorsätzlich Leib und Leben von Mitarbeitern oder Kunden gefährdet oder verletzt wurde. Hier ist die Strafrechtsschutzversicherung – ein ganz klassisches und etabliertes Produkt auf dem deutschen Versicherungsmarkt – besonders hilfreich. Dieses Versicherungsprodukt ist bereits seit vielen Jahren unabdingbar.
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